Enricos Reisenotizen
Çavuşin
Çavuşin liegt an der Verbindungsstraße zwischen Avanos und Göreme. Es ist nur ein kleiner Ort, der auch in der Hochsaison nicht ganz so stark von Touristen überlaufen ist und daher auch nur wenige Souvenirläden am Beginn des Weges auf das Aussichtsplateau und der Johanniskirche besitzt.
Im Ort findet man fast nur neue Häuser und die alten Höhlenunterkünfte sind – ebenso wie die alten Kirchen – stark in Mitleidenschaft gezogen. Ein großes Erdbeben 1939 hatte – obwohl sein Epizentrum fast 700 km entfernt lag, auch schwere Auswirkungen auf Kappadokien und zerstörte hier nachhaltig die Felsenbehausungen. Dennoch waren einige Wohnhöhlen noch bis in die 1960er Jahre besiedelt, am Weg hinauf zum Plateau findet man auf der rechten Seite ein Haus, das ein Deutscher über 40 Jahre bewohnt hat. Es besteht aus 2 Stockwerken, Esszimmer und Schlafzimmer sind nur über Stufen zu erreichen.
Einige Kirchen und Wohnungen werden und wurden von den Einheimischen als Taubenschläge zweckentfremdet. Taubenmist ist hier sehr wertvoll und wird als Dünger genutzt. Einmal im Jahr kommen die Menschen und sammeln den Taubenmist ein.
Oben auf dem Plateau des Hügels wohnt noch eine Frau mit ihren beiden Kindern, die alle Touristen sehr freundschaftlich empfängt und mit wunderbaren Orangen- oder Granatapfelsaft (für einen Euro) bewirtet. Unser Reiseführer erzählte uns, dass sie von ihrem Mann verlassen wurde und nun hier mit ihrer kleinen „Wirtschaft" versucht, sich selbst und ihre Kinder über die Runden zu bringen.
Viele Fremdenführer versuchen ihr zu helfen und bringen ihre Gruppen zu ihr hoch. Wenn Sie auch nicht mit einer Gruppe kommen und wenn die Geschichte vielleicht nur gut erfunden ist, sie sollten trotzdem den Hügel erklimmen. Erstens hat man eine sehr schöne Aussicht über das Tal und die Stadt von oben, zweitens ist (vor allem) der Granatapfelsaft eine echte Köstlichkeit, die Dame freut sich wirklich über jeden Besuch und Gastfreundschaft wird hier groß geschrieben – wir wurden gleich auf ihren Balkon eingeladen und mit Kaffee und Tee und Nüssen und allerlei anderen Snacks bewirtet und bekamen auch noch Ketten als Gastgeschenk – und zweitens führt Sie dann ihr Sohn – natürlich nur wenn Sie möchten – über einen etwas abenteuerlichen Weg, den die EU so nie zur Begehung freigeben würde, zur Felsenbasilika des Heiligen Johannes. Sie ist eine der ältesten Höhlenkirchen in Kappadokien, man vermutet aus dem 5. Jahrhundert. Leider sind die vorhandenen Malereien kaum noch erkennbar und nach einem Felsabbruch 1963 ist von ihr nur noch der Apsisabschluss mit in den Fels gehauenen Bänken zu sehen. Dennoch ist man über die Größe erstaunt, die die Kirche hat und auch die Fresken müssen einmal wunderschön gewesen sein. Es ist nur zu hoffen, dass man sie nicht ganz verfallen lässt, sondern dass sich vielleicht doch in naher Zukunft ein Geldgeber findet, der jenen Teil, der noch vorhanden ist, wieder instand setzt. Hoffentlich ist es dazu noch nicht zu spät.
Wie auch immer: Es lohnt sich trotzdem den etwas unsicheren Weg mutig zu wagen, da man außerdem auch noch mit einer tollen Aussicht belohnt wird.
Verpassen Sie auch nicht, oben einen Rundblick über das Dorf und die umliegenden Täler zu machen. Es ist erstaunlich, wie viele „Feenkamine" zu Häusern umfunktioniert wurden. Hier kann man auch sehen wie der Berg „kalbt". Darunter versteht man den Entstehungsprozess der Feenkamine. Aus einer durchgehenden Schicht harten Gesteins, bilden sich mehr und mehr „Hütchen" heraus, die die darunter liegende weiche Gesteinsschicht noch einige Zeit vor der Erosion schützen. Wunderschön auch die unterschiedlichen Farben der Felsen anzusehen.
Anscheinend kann man den Weg hinauf zur „lieben anatolischen Frau", wie sie unser Führer nannte, auch hoch zu Ross zurücklegen. Zumindest sahen wir oben gesattelte Pferde stehen. Trotzdem würden wir es nicht empfehlen, wenn Sie nur ein halbwegs gut bei Fuß sind. Sie verpassen es dann, einen Blick in die Höhlenhäuser, die am Wegesrand liegen, machen zu können. Und das wäre echt schade…
Wenn Sie noch mehr Zeit haben, können Sie vielleicht auch noch die Taubenschlagkirche (Çavuşin Güvercinlik Kilisesi) aus dem 11. Jahrhundert nach Christi besichtigen. Hier sind noch die Fresken der Erzengel Michael und Gabriel zu erkennen. In der einschiffigen Kirche mit Tonnengewölbe und drei Apsiden kann man auch noch einen Bilderzyklus aus dem Neuen Testament erkennen. Neben der Kirche war früher ein Kloster mit einem Friedhof.
Hier noch ein paar Impressionen:
Related Posts
By accepting you will be accessing a service provided by a third-party external to https://reisenotizen.ask-enrico.com/