Leider liebe Leute, für heuer ist es vorbei. So bleibt mir nur mehr übrig, Euch zu schildern, was ihr nicht alles verpasst habt …
Ehrlich gesagt: Das Musikfestival Steyr, das heuer bereits sein 25. Jubiläum feierte, ist an mir bis dato vorbei gegangen. Auch der wunderschönen Stadt Steyr hatte ich bis jetzt die Beachtung versagt. Aber beides wird sich jetzt definitiv ändern!
Am Freitag war es dann soweit: An einem wunderschönen (und heißen) Sommertag machte ich mich auf (nach einer ausführlichen Stadtbesichtigung) zum Schloss Lamberg, das über der Stadt thront und in deren Schlossgraben das Musical Cabaret stattfinden sollte.
Wie immer bei neuen Destinationen war ich schon viel zeitiger am „Tatort" und konnte so nicht nur das schöne Schloss, sondern auch ein gleich ein vorab Konzert im Schlosshof genießen. Unter großer Begeisterung des Publikums wurde bis knapp vor dem Beginn des Musicals geswingt und gejazzt was das Zeug hielt – eine schöne Einstimmung in den Abend.
Im Schlosspark hatten danach – und in der Pause – bereits einige „Versorgungsstände" mit Radler, Bier, Aperol Spritz, und alkoholfreien Getränken wie auch einigen Snacks geöffnet. Rasch noch gestärkt, einen Sprung über die Wendeltreppe hinunter zur Museumbrücke und zur Enns und dann wieder hoch, die Vorstellung im Schlossgraben des Schlosses beginnt.
Den Aufführungsort könnte man als klein, aber sehr fein beschreiben. Die Bühne ist an die Schlossbrücke gebaut, die Arkaden der Brücke sind ins Bühnenbild mit einbezogen. Man fühlt sich fast schon im Kit Kat Club von Cabaret. Tische auf der Bühne und davor integrieren Zuschauer direkt ins Spiel. Endlich haben alle Platz genommen und schon geht es fulminant los, das ausgezeichnete Cross Over Orchester Vienna unter der Leitung von Siegmund Andraschek, das oberhalb des Spielgeschehens auf einer Plattform spielt, die über eine Wendeltreppe erreicht werden kann, legt los.
Martina Dvorak mit kurzem Haar und Bärtchen gibt den ausgezeichneten Conférencier. Rebecca Soumagné überzeugt als Sally Bowles und wirbelt auf der Suche nach dem Glück und dem Leben über die Bühne, Ben Conner als Cliff Bradshaw gibt den verwunderten und naiven, etwas schüchternen amerikanischen Schriftsteller, der als einziger die Gefahr erkennt, davor warnt und sich schließlich aus Berlin und auch von seiner Liebe verabschiedet.
Oliver Liebl überzeugt als Ernst Ludwig und wandelt sich vom charmanten Frauenheld zum geifernden Nationalsozialisten, der keine Freunde mehr kennt. Gabriele Deutsch gibt ein berührendes Fräulein Schneider, die sich ihre Liebe zu ihrem Mieter Herrn Schultz verbietet, um sich auch weiterhin mit den Vermietungen über Wasser halten zu können. Josef Luftensteiner als Herr Schulz glaubt die Deutschen zu verstehen und unterschätzt die Gefahr. Maren Kern spielt überzeugend das Fräulein Kost und Ewald Reiter als Zollbeamter und Alma-Marie Sommer als ein Mädchen komplettiert das ausgezeichnete und spielfreudige Ensemble. Besonders erwähnen möchte ich auch die Kit Kat Girls and Boys, die auf und um der Bühne mit ihren Tanzvorstellungen beeindrucken.
Cabaret zeigt – verdichtet auf zweieinhalb Stunden – sehr deutlich die Parallelen von damals zur heutigen Zeit auf: die Katastrophe kommt schleichend. Es sind immer nur kleine Schritte weiter, die man leicht verdrängen kann, an die man nicht glaubt – bis es zu spät ist. Und diese Parallelen sind auch heute zu sehen: es beginnt mit der Sprache, mit Ausdrücken, mit Ausgrenzungen, mit Herabwürdigungen – dann folgen die ersten Handlungen des „Volkes". Bald darauf sind wir alle mitten drin. Cabaret ist ein Lehrstück über diese Zeit und damit auch über unsere…
So sollte uns letztlich das Schicksal von Fräulein Schneider im Gedächtnis bleiben, die auf ihre Heirat mit ihrer Liebe, dem Juden Schulz verzichtet, weil sie nicht mehr die Kraft hat darum zu kämpfen und Angst hat, alles zu verlieren….
Ich habe den Abend sehr genossen, aber es bleibt der Appell: Wachsam sein!
Vieles über Steyr, das Christkindl und einiges mehr gibt es in Kürze auf www.ask-enrico.com