Enricos Reisenotizen
Kirtag in Jedlesee
Der Kirtag ist zwar nicht mehr ganz das, was er einmal war, aber aus nostalgischen Gründen muss ich ihn trotzdem immer wieder besuchen. In den „alten" Zeiten war es immer ein Riesenfest.
Bereits beim Anfang der Denglergasse (schräg vis à vis der Wohnung meiner Großmutter im Geburtshaus von Franz Jonas – heute leider abgerissen und durch einen voluminösen Neubau ersetzt) fingen die ersten „Standeln" an.
Zuckerwatte, gebrannte Aschanti, Florentiner und natürlich türkischer Honig waren damals die Highlights.
Aber auch die verschiedenen Spielzeugstandeln mit den vielen kleinen, wunderbaren Sachen, die ich zwar nicht brauchte, manchmal auch nach dem Kauf kaum mehr beachtete, aber trotzdem unbedingt haben wollte. Hier wurde mein erster Troll (heutzutage wieder als Kinofilm en vogue) mein eigen: ein kleine, manche meinen hässliche Figur mit lila Haaren. (Es folgten später noch einige andere…)
Am Kirtag gab es aber noch ein wunderbares Angebot, das mich faszinierte und dem ich oft mein Erspartes opferte: die Überraschungs- oder Wunderpackerl. Anfangs – so glaube ich – für wohlfeile drei Schilling zu erstehen, verteuerten sie sich mit der Zeit über den Sprung von fünf Schilling auf zu guter Letzt zehn, aber egal: es war das Lotto und zugleich Brieflos meiner Kindheit.
In Zeitungspapier eingewickelt, die Ecken eingedreht, lauerten versteckt die unterschiedlichsten Spielsachen oder Schmuckgegenstände von Diademen über Ringe auf den Käufer – also auf mich! Es gab nichts Schöneres als die aufregenden Sekunden, wenn man vorsichtig das Papier aufwickelte, um entweder in helle Begeisterung oder tiefe Enttäuschung ob des versteckten Goodies auszubrechen.
Beide Gefühlsausbrüche führten allerdings zum gleichen Ergebnis: „Noch eines haben wollen…" Heute sind diese Überraschungspackerl rar, ja eigentlich gar nicht mehr zu sehen.
Der Kirtag beginnt auch erst in der Mitte der Anton Boschgasse führt dafür aber dann weiter bis zur Wiese vor der Lorettokirche, wo die Fahrgeschäfte auf Kundschaft lauern. Es ist nun mehr ein Rummel mit einem Rummelplatz.
Meist gibt es auch noch zwei kleine Bühnen, die – zumindest tagsüber – von der Konserve aus „befeuert" werden. Statt Zuckerwatte gibt es nun künstlich aussehende bunte Säfte, statt der Salzgurken und dem Kukuruz Langos, Steckerlfisch und Grillwürstel.
Neben der Wirtschaft 21, die nun den Kirtag veranstalten (keine Ahnung wer dies früher gemacht hat), war heuer auch wieder die SPÖ Floridsdorf vertreten. Das nebenbei auch der Sterbeverein Wien einen Informationsstand hatte, fand ich ein bissl befremdlich, aber so ist das Leben eben heutzutage.
Eines allerdings gibt es noch immer: den türkischen Honig und die Aschanti! Und so kann ich mich ja doch wieder in alte Zeiten zurückbeamen.
Das Hüftgold bleibt mir als Erinnerung bis zum nächsten Jahr und wenn ich beim Abbeissen des Türkischen Honig oder beim Draufbeissen auf die Aschanti nicht Acht gebe, erinnert mich auch noch länger eine Zahnarztrechnung an den Jedleseer Kirtag! Bis zum nächsten Jahr…
Related Posts
By accepting you will be accessing a service provided by a third-party external to https://reisenotizen.ask-enrico.com/