Enricos Reisenotizen
Ein Tag in Brünn mit viel Design und Alfons Mucha
Wer öfter bei meinem Blog vorbeischaut weiß, dass ich ein ausgesprochener Jugendstil-Fan bin. Daher liegt es nahe, sich die Mucha-Ausstellung am Messegelände in Brünn anzusehen. Wenn dann auch noch Design dazu kommt, wird der Besuch dann einfach ein höllisch schöner Tag…
Tschechien feiert seinen 100. Geburtstag, das Brünner Messegelände seinen 90. – da feiert man gerne mit und so hat mich die Einladung von Czech Tourismus zu einem Tag nach Brünn sehr gefreut. Noch dazu, wo ich doch die Mucha-Ausstellung des Slawischen Epos in Prag verpasst habe, obwohl ich fast 2 (! in Worten zwei) Jahre Zeit gehabt hätte, nach Prag zu pilgern. Dann gingen die Bilder auf Reisen (nach Japan) und nun ist das Meisterwerk wieder zurück und ein Teil davon ist in Brünn, in der Halle H des Messegeländes ausgestellt.
60 Minuten darf man sich in der Ausstellung aufhalten und mehr als 100 Personen werden nicht auf einmal hineingelassen. Schließlich brauchen die Werke ein bestimmtes Klima und könnten durch eine zu hohe Besucherzahl leiden. Nehmt auch auf jeden Fall eine Jacke oder Weste mit, wenn ihr sommerlich gekleidet hinkommt, es ist schon ziemlich kühl in der Halle.
Doch nun noch einmal zurück zum slawischen Epos.
Sein Erfolg bei der Weltausstellung 1900, den er mit der Innenausschmückung des Pavillons von Bosnien und Herzegowina erzielt hatte, bekräftigte ihn nochmals seine große Idee zu verwirklichen: Mucha wollte ein monumentales Geschichtsepos mit Themen aus der böhmischen und slawischen Geschichte schaffen und so das Zusammengehörigkeitsgefühl der slawischen Völker unterstützen, Stolz und nationales Bewusstsein stärken.
In Amerika suchte er finanzielle Unterstützer und fand sie schließlich in Charles R. Crane, der nicht nur die Idee der slawischen Zusammengehörigkeit nahe stand, sondern auch die Umsetzung des Werkes finanziell unterstützte.
20 Bilder von monumentaler Größe sollten es werden, wobei sich die Hälfte der böhmischen Geschichte und die andere Hälfte der Geschichte der Slawen widmen sollten. 18 Jahre arbeitete Alfons Mucha an dem Epos, 1928 wurde der gesamte Zyklus mit Ausnahme eines unvollendeten Gemäldes anlässlich des Unabhängigkeitstags der Tschechischen Republik feierlich im Prager Messepalast vorgestellt.
Zwei Jahre später reiste der Gemäldezyklus erstmals nach Brünn, wo er in der Große Halle des Ausstellungspalastes vorgestellt wurde.
In der Ausstellung in Brünn sind die ersten Werke des Zyklus ausgestellt: Die Slawen in ihrer Urheimat, Der Kult des Svantovit auf Rügen, Die Einführung in die slawische Liturgie, Die Verteidigung von Sziget, Die Schule der mährischen Brüder von Ivančice, Die Aufhebung der Leibeigenschaft in Russland, Die Predigt des Magister Johannes Hus in der Bethlehem Kapelle, Jan Milíč vom Kroměříž und Das Treffen na Křížkách.
Man fühlt sich ganz klein, wenn man die Gemälde betrachtet und zwei Dinge faszinieren mich besonders: Die Augen der Personen, die manchmal den Betrachter direkt anschauen (z.B. im Gemälde Slawen in ihrer Urheimat) und gleichzeitig durch ihn hindurch blicken, wissend, ängstlich und doch irgendwie stark und alles erduldend.
Und dann auch noch seine Art zu malen: auf der einen Seite eine Genauigkeit, sodass man lange vor einem Bild stehen kann, um immer wieder neue Details zu entdecken, auf der anderen Seite eine Großzügigkeit, die oft allein durch ihre Farbenkomposition ein Bild vor Augen schafft oder dieses hervorbringt. Einfach grandios.
Außer den Arbeiten für das Slawische Epos gibt es noch eine Auswahl seiner kommerziellen Werke zu sehen: Plakate für Sarah Bernhardt, mit der er lange zusammenarbeitete und Ankündigungsplakate für ihre Auftritte im Theatre de la Renaissance schuf.
Zu sehen sind in der Ausstellung „Alfons Mucha: Zwei Welten" aber auch seine Plakate, Poster, Werbung, Veranstaltungsankündigungen, Kalender und seine Schönheitsmuster.
Werbeplakate, Kalender, Veranstaltungsplakate, Auszüge aus seinen Lehrbüchern, es gibt wirklich so viel zu sehen, sodass die Stunde, die man in der Ausstellung verbringen darf, durchaus knapp werden kann. Mir hat es auf jeden Fall gut gefallen!
Während der Re:Publika kostet der Eintritt nur 150 CZK, danach wird die Ausstellung zwar bis Ende des Jahres zu sehen sein, aber der Eintrittspreis wird erhöht. Egal, ob Slawe oder nicht und auch wenn leider nicht das ganze Epos ausgestellt ist, sondern nur 9 Werke der insgesamt 20 – man muss diese einmal live gesehen haben.
Design und Performance
Tja und dann ist da noch eine andere Halle während der Re:Publika, die mich beeindruckt hat und in der ich noch weitaus mehr Zeit verbringen hätte können. Einerseits gibt es hier eine kleine, aber seine feine Ausstellung tschechischen Designs: von Autos über Möbel bis zu Spielzeug, Lampen und Gläsern ist hier alles zu sehen und zu bestaunen. Schon allein deswegen muss man diese Halle besuchen.
Doch in dieser Halle gibt es weitaus mehr zu sehen: gleich beim Eintreten fällt dem Besucher ein großer roter, begeh- oder bekletterbarer Kopf auf. Es ist eine kreative Umsetzung des Kopfes des ersten Präsidenten der Tschechischen Republik: T.G. Masaryk. Das p.t. Publikum ist aufgefordert – natürlich nur wenn es möchte – in seinem Kopf herum zu klettern und vielleicht kann man ja auch so noch einigen seiner Gedanken nachspüren.
Dann gibt es noch ein Labyrinth und Spiegelkabinett, klein aber oho – es ist gar nicht so einfach wieder herauszufinden, aber keine Angst – wenn ihr nicht herausfindet, es ist immer wer da, der im Notfall helfen kann.
Über ein Gerüst kann man in der Halle auf Stiegen herumgehen, die Halle, Kopf, Labyrinth, leuchtende Sterne, wunderbare beleuchtete und auch sprechende Figuren betrachten und die Halle erkunden. Auch hier kann man einige Zeit ohne jede Langeweile verbringen. Lasst Euch diese Halle keinesfalls entgehen.
Vieles bei freiem Eintritt. Lasst Euch die Feiern zum tschechischen Jubiläum nicht entgehen – auf nach Brünn.
Daher gibt es nur einen Rat an alle Freunde des Jugendstils: auf nach Brünn.
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