Auch im einstigen Vindobona lassen sich Spuren der Römer finden (so z.B. am Michaelerplatz oder im Römermuseum am Hohen Markt), aber so richtig römisch wird es nur in Carnuntum.
Carnuntum war eine bedeutende Stadt an der Grenze des Römischen Reiches mit allen PiPaPo, das man sich damals leisten konnte. Neben dem Legionslager gab es die Zivilstadt, in der „pensionierte" Soldaten ihren Ruhestand genießen konnten. Zur Unterhaltung, aber auch für Übungen und Training gab es sogar zwei Amphitheater und auch eine Gladiatorenschule und die besonders sehenswerte römische Therme.
Hier siedelten aber auch Händler und Handwerker, die durch die Nähe der Bernsteinstraße angezogen wurden. Außerdem gewährten die Soldaten der Legionsstadt ein hohes Maß an Sicherheit.
Carnuntum wurde unter Kaiser Trajan die Provinzhauptstadt von Oberpannonien. Kaiser Marc Aurel hielt sich hier drei Jahre während der Markomannenkriege auf und schrieb hier einige Kapitel seiner Selbstbetrachtungen. Die Donaulegionen riefen in Carnuntum Septimius Severus als Gegenkaiser zu Didius Julianus aus. Septimius Severus wurde später auch vom Senat in Rom als Kaiser bestätigt, Carnuntum in den Rang einer Colonia erhoben. 308 n. Chr, kam es hier zur Kaiserkonferenz, mit der Augusti Diokletian die Streitereien unter Galerius, Licinius und Maximus Daia schlichten wollte.
All diese geschichtlichen Punkte unterstreichen die Bedeutung der Stadt. Aber was gibt es hier alles zu sehen?
Es ist ein herrlicher Sommertag, an dem ich mit zwei Bloggerkolleginnen nach Carnuntum aufbreche und der Tag verspricht sehr heiß zu werden. Daher eilen wir gleich zu Beginn zum nahen Amphitheater der Zivilstadt.
Von ihm ist leider nicht mehr viel übrig geblieben, doch alleine wenn man sich die Ausmaße anschaut ist es beeindruckend. Über 12.000 Personen haben auf den Zuschauerrängen im Oval Platz gefunden und in der nahen Gladiatorenschule, deren Arena in Holz wieder aufgebaut wurde, wurden wahrscheinlich nicht nur für die Schaukämpfe geübt, sondern auch das Kriegshandwerk trainiert.
Die kleine Holzarena ist leider geschlossen, sodass wir nur einen Blick von oben von den Zuschauerrängen (ebenfalls abgesperrt) hinein machen können. Trotzdem beeindruckend.
Zurück beim Eingang kaufen wir die Tickets und begutachten das Angebot des Shops, dann geht es aber gleich weiter in eine erste kleine Ausstellung, an deren Ende eine Videowall auf das Leben in römischer Zeit einstimmt.
Danach schlendern wir zum Start zum Modell von Zivil- und Legionsstadt. Wahnsinn, welche Ausdehnung diese Stadt vor so vielen Jahren bereits gehabt haben muss. Carnuntum war wirklich Weltstadt – man spricht davon, dass zu Beginn des 2. Jahrhunderts nach Christus bereit 50.000 Menschen hier gelebt haben.
Und die Bevölkerung wollte auch den damaligen Komfort nicht missen. Das erfahren wir spätestens bei unserem Rundgang durch die Stadt. Die Archäologen haben in Carnuntum einige Häuser wieder aufgebaut, händisch und weitgehend mit den Materialien der Zeit.
Wie mir bei einer Führung vor etlichen Jahren versichert wurde, wird nur aufgebaut, was durch die Forschung bestätigt wird. So kann der Besucher sicher sein, dass es damals auch wirklich so ausgesehen hat.
Wir schlendern nun zu den Ausgrabungen und egal ob man sich im Haus des Lucius, in der Villa urbana mit ihrem Hauptsaal und seiner Apsis, dem Domus quarta oder dem Haus des Ölhändlers befindet – man fühlt sich in römische Zeiten rückversetzt und ist verwundert, was bereits an Komfort vorhanden war.
Egal ob es um die Einrichtung geht, um die Wandbemalung oder das Fußbodenmosaik im Domus quarta, das das einzige am Originalstandort erhaltendes Fußbodenmosaik ist, oder die Lehmöfen einer Bäckerei im Freien handelt, man staunt als Besucher.
Wir besichtigen den Lager-, Ausstellungs- und Verkaufsraum des Wein. und Olivenhändlers und können uns vorstellen, dass vor allem das Olivenöl zur damaligen Zeit großen Wert besaß. So war es nicht nur Grundnahrungsmittel, sondern auch für die Körperpfelge in der Therme wichtig. Olivenöl war ein wichtiger Bestandteil für die Herstellung von Salben, Sonnen- und Kälteschutz, wurde aber auch als Brennstoff für Öllampen als Beleuchtungsmittel eingesetzt.
Über den Wein brauche ich im „Weinland Carnuntum" kaum Werbung betreiben – vor allem der Rotwein aus dieser Gegend hat es mir angetan. Ob dieser allerdings auch schon zu Zeiten der Römer so gut gemundet hat, entzieht sich leider meiner Kenntnis. Gehegt und gepflegt wird er aber – zumindest – seit damals schon …
Schließlich betretend wir staunend das Highlight aller Gebäude in Carnuntum: Die Therme. Sie ist weltweit die einzige römische Therme, die voll funktionstüchtig am Originalstandort in antiker Bautechnik errichtet wurde und seither durchgängig mit römischer Fußbodenheizung beheizt wird. Fridiarium, Tepidarium, Caldarium – alles da. Sogar die Latrinen kann man bestaunen und einen Blick auf die Heizung werfen.
Hier könnte man noch heute Massagen und anderen Wellnessbehandlungen frönen. Wir werfen einen Blick vom „Ruheraum" auf der Galerie hinunter in den Eingangsbereich und schnuppern an den verschiedenen aromatischen Ölen. Ja, hier könnten wir es auch einige Zeit aushalten. Auch die anderen Räume sind wunderschön ausgestattet.
Das Wasser plätschert leise vor sich hin – je nach Temperatur und Jahreszeit kann man sich mit den Räumlichkeiten anfreunden, ich genieße ein paar Minuten länger diesmal im Fridiarium und bleibe beim Wasserbecken sitzen und genieße die kühle Feuchte. Einfach schön.
Wem es hier zu kalt ist oder wer gerne schwitzen möchte, geht einfach einen Raum weiter …
Schließlich sind jedoch alle Fotos gemacht, alles bestaunt und wir stehen wieder im Säulengang davor auf der Straße. Unter den Bäumen entdecken wir ein schattiges Plätzchen mit großen Liegen, auf denen wir uns noch ein bisschen ausruhen.
Vorbei am großen Kinderspielplatz, der den kleinen Besuchern sicher viel Freude macht, wandern wir zurück zum Café um mit einem ausgezeichneten Espresso die Nachmittagsmüdigkeit zu vertreiben. So gestärkt geht's zurück zum Parkplatz.
Jetzt wollen wir noch zum Heidentor, das nach wie vor – wenn auch nicht unversehrt – weit in der Landschaft zu sehen ist und nun das Wahrzeichen der Region geworden ist. Ebenfalls ein recht beeindruckender Bau, den Constatinus II. hier erbauen ließ, um an die Wiederherstellung der Reichseinheit zu erinnern und ein Zeichen für die uneingeschränkte Macht und die Unbesiegbarkeit der Römer zu geben. Es war allerdings das Letzte.
Weitere Informationen über den Archäologischen Park und Carnuntum findet ihr hier:
www.carnuntum.at
https://de.wikipedia.org/wiki/Carnuntum_(Zivilstadt)
https://de.wikipedia.org/wiki/Carnuntum_(Militärlager)
https://ask-enrico.com/der-archaeologische-kulturpark-park-carnuntum
Noch einige Eindrücke von unserem Besuch in der Bildergalerie: